Montag, 29. Juni 2009

Marathon-Bericht

Die Splits sind mit Vorsicht zu genießen. Der Garmin hat deutlich abweichend der Kilometerschilder gemessen und war insgesamt 90 m zu kurz.

Km 1-5: 21:06 - 04:13/km

Es geht gleich vom Start eine Gruppe weg, in der einige Läufer mit denen ich eine Zeit mitlaufen wollte, sind. Ich lasse sie ziehen, da sie schneller als 4:00/km laufen, bin mir aber sicher, dass ich davon den ein oder anderen nochmal wiedersehen werde. Ich muss mich zügeln: das Tempo fühlt sich sehr leicht an.


Km 5-10: 21:11 - 04:14/km

Bei km 5 trinke ich etwas Wasser. Ich unterhalte mich mit einem Läufer. Dieser will 3:30 laufen und ich wundere mich, warum der so schnell angeht. Was aus ihm geworden ist, weiß ich nicht, denn ich hänge mich an einen weiteren Läufer, der an uns vorbeizieht. Dieser schnauft schon sehr stark und hat einen extrem unökonomischen Laufstil. Nach ein paar Kilometern fällt auch dieser zurück und ich bin allein. Ich wünsche den beiden, dass sie am Schluss nicht zuviel gelitten haben.


Km 10-15: 21:31 - 04:18/km

Bei km 10 gibts wieder Wasser und das erste Gel. Die Verpflegungsstelle liegt hinter einem kurzen Anstieg. Das erste mal wird die Atmung unrythmisch, ein paar hundert Meter nach der Verpflegungsstelle gehts aber wieder besser. Dennoch, hier wirds einen Tick schwerer und ich muss einen Gang hochschalten. Eine Streckenmarkierung ist sehr verwirrend und ich bin mir nicht mehr sicher, ob ich auf der richtigen Strecke bin. Ein paar hunder Meter weiter gibts Erleichterung, dort sitzen Streckenposten und ich bin noch auf dem richtigen Wege.


Km 15-20: 21:01 - 04:12/km

Bei km 15 trinke ich wieder Wasser. Es gibt eine etwas längere Steigung in der Nähe von Laboe, dann gehts durch Laboe hindurch leicht abschüssig Richtung Strand. Es gibt hier jetzt viele Ausfahrten von Hotels, Restaurants und Parkplätzen sowie viel Radverkehr. Ich muss aufpassen, dass ich nicht aufgehalten oder sogar umgefahren werde.


Km 20-25: 21:05 - 04:13/km

Ich finde keine Halbmarathonmarkierung, aber ich bin vermutlich so zwischen 1:28:30 und 1:29 durch. Ich fühle mich noch gut, auch wenn ich jetzt wieder einen Gang höher schalten muss. Es geht nun Richtung Deich und ich spüre den Wind aufkommen. Auf dem Deich gibts dann satten Gegenwind. Ich hoffe noch, dass bald ein Richtungswechsel erfolgt, so dass der Wind mehr seitlich bläst. Aber so kommt es nicht, insgesamt stehe ich von km 22 bis 35 im Wind. Ich kann dann endlich zu einem Läufer vor mir aufschließen. Der Verpflegungsstand bei km 25 ist auf einem Rasenstück. Man müsste quer über den Rasen laufen, um diesen zu erreichen und die Helfer machen trotz meiner rotierenden Arme keine Anstalten, aufzustehen und mir Wasser zu reichen. Extrem ungünstig! Von km 20 bis 30 also nix zu trinken für mich.


Km 25-30: 21:39 - 04:20/km

Bei km 28 die erste kleine Krise. Ich werde müde, die Beine sehr schwer und zäh. Ich verstecke mich hinter meinem Mitstreiter und bin nach ein paar hundert Metern wieder halbwegs auf der Höhe. Allerdings hält es nicht lange an. Ich versuche, meinen Partner zu animieren, schneller zu laufen und gehe jetzt immer wieder in den Wind. Die Pace fällt in den Bereich 4:20-4:30/km. Ich hoffe immernoch, dass ich nochmal wieder in Schuss komme, kann aber immer nur kurzzeitig die Pace wieder anziehen. Ich hätte hier schon deutlich langsamer machen sollen, aber hinterher ist man immer schlauer. Bei km 30 das letzte Gel. Es braucht bei mir immer so 4-5 km bis es wirkt und dann bekomme ich einen leichten Kick, ich hoffe aber leider vergebens darauf.


Km 30-35: 23:50 - 04:46/km

Mein Mitstreiter lässt nach oder ich beschleunige.. ich laufe alleine weiter und treffe auf einen weiteren Läufer, hinter dem ich mich erstmal zu verstecken versuche. Ich kriege einen kleinen Aufwind und versuche dann wieder, die Pace nochmal zu erhöhen. Ich gehe immer wieder nach vorne und versuche zu pushen - zu viel, zu heftig bei diesem Gegenwind. Ich kann dann nicht mehr. Zwischen km 34 und 35 mache ich eine kurze Gehpause, erhole mich und laufe weiter. Ich schließe innerlich mit den sub3 ab und rechne herum, was ich für 3:05 brauche. 4:23/km hab ich mir vorher ausgerechnet, das sollte locker drin sein, wenn ich weiterlaufen kann. Doch ich kann nicht weiterlaufen, die Muskulatur ist schlicht dicht.


km 35-Ziel: 26:31 - 05:18/km, Rest in 10:34

Es folgen weitere kurze Gehpausen. Ich trinke bei km 35 etwas Wasser, denn leider gibts da nichts zuckerhaltiges. Schön doof! Ich muss noch ein paar mal gehen, bis schließlich bei km 38 ein früherer Mitstreiter von hinten auftaucht und mich motiviert, mitzulaufen. Er hat Fahrradbegleitung dabei und bietet mir eine Cola an. Ich trinke ein paar große Schlücke, doch diese hat nicht die erhoffte Wirkung. Ich muss ihn bei km 40 ziehen lassen und mache weitere Gehpausen. Ich pendel mich jetzt bei 5er Schnitt ein und laufe auf Halbmarathonis, die eine Stunde nach uns gestartet sind, auf. Diese motivieren mich nochmal und geben mir Zuspruch, klasse Leute! Ab km 40 hab ich auch Krämpfe bekommen und obwohl ich eigentlich wieder halbwegs lauffähig war, hielten mich diese dann davon ab, weiterzulaufen. Das erste mal, dass ich von Krämpfen geplagt werde.

Ich überhole eine weitere Halbmarathonläuferin, die mich später wieder einholt, weil ich mit Krämpfen stehen bleiben muss. Sie bietet mir Magnesium und Traubenzucker an, aber ich winke ab und meine, dass mir das auch nichts mehr bringt. Ich bin bei km 41 angelangt und komme wieder ins Dorf. Ich muss 500 m vor Schluss nochmal stehen bleiben, laufe dann aber die letzten paar hundert Meter trotz Krämpfen ins Stadion und ins Ziel. Die Blöße vor den Zuschauern zu gehen konnte ich mir dann doch nicht geben.

Ich werde 5. Es waren in der Gruppe, die zum Start von mir wegzogen, bestimmt 6-7 Läufer. D.h. davon sind die Hälfte nicht ins Ziel gekommen. Meine AK gewinne ich, weil ich der einzige M30 im Ziel bin, naja. Ich hole mir von der Fahrradbegleitung den Rest der Cola und schütte erstmal ein paar Becher Wasser dazu in mich rein. Nach einer kalten Dusche (da hätte ich eigentlich zur Ostsee fahren sollen, die wäre wärmer gewesen) gibts einen Powerbar Proteinriegel, Banane und etwas Brot mit Honig. Aber nach Essen ist mir eigentlich überhaupt nicht. Ich fühle mich eigentlich seltsam frisch nach einem Marathon. Ich kann sogar ein paar leichte Dehnübungen machen und mich dabei fast normal strecken. Ich hole mir noch zwei Kaffee und als der Ansager bekanntgibt, dass es noch eine Stunde bis zur Siegerehrung des Marathons dauert, fahre ich nach Hause.

Heute fühle ich mich sehr gut. Ich hab zwar dicke Beine, aber keinesfalls so schlimm wie nach anderen Marathons. Ich kann problemlos Treppen steigen und fühle mich recht gut. Meine Regeneration hat sich wohl ganz gut entwickelt. Ich mache heute und morgen lauftechnisch nichts, dann gibts etwas Jogging an drei Tagen. Dazu werde ich etwas Rennrad fahren, worauf ich mich sehr freue.

Die Enttäuschung weicht die Versöhnung: 3:08 ist jetzt nicht soo schlecht. Ich bin jetzt schon voller Vorfreude auf den Herbstmarathon, den ich nach einem ganz anderen Trainingsprinzip aufbauen werde - ich bin sehr gespannt, wie mir das bekommt.

Trotzdem bleibt natürlich die Frage, worans gelegen hat. War es das leicht zu hohe Anfangstempo auf dem ersten Kilometer? Hätte ich versuchen sollen, mit 2x1:29:30 durchzulaufen. Hätte das einen Unterschied gemacht? Sicher bin ich mir, dass es ohne diese 13k gegen den Wind gerenne nicht nötig gewesen wäre, Gehpausen einzulegen. Möglicherweise haben auch die Spurplattenwege aus Beton ihren Teil dazu beigetragen. Diese sind lt. Lydiard wesentlich strapazierender als z.B. Asphalt.


Nachtrag: Berichte vom 100-Marathon-Club mit einigen Bildern und Impressionen gibts hier:

http://100mc.de/bericht.html?&tx_ttnews%5Btt_news%5D=767&cHash=1169303704

und hier:

http://100mc.de/bericht.html?&tx_ttnews%5Btt_news%5D=763&cHash=fc79b0a6af

3 Kommentare:

  1. Hallo Chris,

    nun auch endlich von mir " DIE BESTEN GLÜCKWÜNSCHEzum finishen "! Ich habe Dir die sub 3 Stunden von ganzem Herzen gegönnt. Wie vorher schon gesagt: " Du bist so zielstrebig im Training & der Ernährung " und alles scheint perfekt. Leider muss für so ein großes Ziel alles zu 100 % stimmen. Starker Wind über so viele KM - noch dazu prall von vorn, zwischen dem Streckenabschnitt 20 - 30 nichts zu trinken und noch dazu das Wetter, waren nicht 100 % gut - sondern extrem schlecht ! Was mich auch aus dem Bahn geworfen hätte, wäre die Angst, auf dem falschen Weg zu sein :-) Das kommt natürlich auch nicht gut!

    Man spekuliert natürlich immer, wenn man seine Ziele nicht erreicht, aber ich denke, die Gründe sind nicht lange zu suchen!

    Du hast die sub 3 Std. daruf - das weiß Du selber und alle anderen trauen es Dir auch zu, also erfreue Dich trotzdem über Deine PB.

    Du hast Dich mit Krämpfen und allem durchgebissen und das finde ich viel mehr Wert !!! Aufgeben ist immer schnell und einfach, aber zum kämpfen gehört mehr dazu !!!!

    Übrigens finde ich 6 Minuten nicht wenig. Irgendwann kommt man an einem Punkt, da muss man sich auch mit weniger zufrieden sein und die 3 Std. Marke finde ich schon enorm !!!

    Ich wünsche Dir eine gut Regeneration und viel Spaß, bei Deinen Fahrrad-KM !

    Angelika

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  2. Hallo Angelika!

    Danke für die sehr gute Analyse, ich bin erstaunt. Du erwähnst Da einige Dinge, die und auch anderen noch nicht aufgangen sind.

    Grüße und ich hoffe, bei Dir läufts rund!
    Chris

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  3. Hi,

    das freut mich aber, dass ich Dir vielleicht noch ein wenig helfen konnte, bei Deiner Analyse :-) Manchmal lernt man scheinbar sogar noch von den Schnecken "grins-grins" !

    Wenn ich solche Berichte lese, versetze ich mich in die Lage, als ob ich selbst im Geschehen bin und dann kommen solche Gedanken, was einem selbst umhauen oder aus der Bahn werfen würde.

    Viele Grüße
    Angelika

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